Simon und Alisa
wollten von Jalta nach Chisinau (Moldau) mit dem Bus fahren. Zwei Tickets
kosteten ca. 80 Euro. Ein voller Bus fuhr am Vormittag los. Die russische
Grenzkontrolle hat uns über eine Stunde angehalten – die Check Point Behörden
hatten mehrere Fragen zu einigen Fahrgästen. Ein Mädchen aus Transnistrien war
bei einem Musikfestival in der Fuchsgrotte (Лисья бухта), nahe Gurzuf (Krim). Der Ort ist bekannt
für FKK-Strände, Hippies und Musik. Das Mädchen trug
kurze Shorts und hatte kaum Gepäck dabei. Dazu war sie ukrainische Bürgerin mit
transnistrischer Anmeldebestätigung. Doch am Ende durften wir weiterfahren.
Am ukrainischen
Grenzübergang wurde uns beiden befohlen, aus dem Bus auszusteigen. Eine ganze
Roma-Familie musste auch raus. Nach langen Diskussionen ist der Bus ohne uns
weitergefahren.
Fast Mitternacht
am ukrainischen Grenzübergang. Die Mutter von vier Kindern, die davor kaum
Russisch sprach, hatte die ukrainischen Grenzpolizisten in einer gnadenlosen
Manier auf Russisch beschimpft. Man konnte diese „Redewendungen“ kaum
ertragen. Sie hat ihm sogar zugesichert, er werde nie heiraten und Kinder
bekommen. Wir standen fassungslos da…
Der Mann an der
Grenze hat sich als Taras Deutz vorgestellt. „Ja, ja, ich habe deutsche
Vorfahren“, bestätigte er. Unsere Presseausweise haben ihn kaum beeindruckt. „Es
tut mir leid, aber ihr seid aus Moskau nach Simferopol geflogen. Nun versuchen
Sie aus dem besetzten Gebiet das ukrainische Territorium zu überqueren. Das
darf man laut Gesetz nicht.“ Laut seinen Aussagen, würde er uns
durchlassen wenn wir in die Ukraine eingeflogen wären.
„Falls Sie
jemanden aus der Regierung kennen, können Sie ihn anrufen. Wenn jemand von oben
mich kurz anrufen würde, dann könnte ich Sie durchlassen“. Doch wir kannten
weder Jatzeniuk noch Turtschinow noch sonst jemanden.
In der Tasche
waren nur 300 Rubel geblieben. Mit der Visa-Karte konnte man auf der Krim kein Geld mehr holen. Hotels akzeptieren nur Bargeld.
Taras meinte, er
verstehe unsere schwierige Lage, doch das Gesetz sei ihm wichtiger. „Sie müssen
jetzt nach Simferopol fahren und von da nach Moskau fliegen.“
Zwei Uhr
nachts…Der ukrainische Grenzposten…Von zwei Laternen an der Grenze funktioniert
nur eine.
Taras will nichts
hören…“Fahrt zu euren Moskali (Schimpfwort für Russen) und fliegt nach Moskau!“
Mit der Zeit ist der Kapitän Taras etwas gesprächiger geworden und hat uns auf
einmal geduzt.
-
Nehmt
eure Rucksäcke und kommt mit zur Tankstelle. Ich gebe was aus.
-
Was
gibt es denn um diese Zeit? Einen warmen Tee?
-
Nein.
Wodka. Die Zigeuner dürfen nicht mitkommen. Nur ihr beide.
Wir kommen mit.
Im Mai durften wir wegen dem fehlenden russischen Visum nicht auf die Krim, nun
durften wir nicht aus der Krim raus.
Taras öffnet
einen kleinen Schrank im hinteren Teil des Raumes. Die Tankstelle-Mitarbeiter
schweigen und schauen uns geschockt an.
-
Keine
Sorge Jungs. Das sind meine Freunde: Ein Deutscher und eine Moldauerin.
-
Jawohl,
Kapitän!
Taras zieht den
Rauch seiner Zigarette ein.
-
Taras,
du rauchst „Sobranie“. Das sind russische Zigaretten. Sagtest du vorher nicht,
du boykottierst alles aus Russland.
-
Tja…sie
schmecken besser als unsere.
Im Schrank steht
eine Flasche „Jack Daniel’s” und eine Flasche ukrainischer Wodka „Hlibni Dar“.
Wir wollen nichts trinken, doch er gibt Alisa schon einen Plastikbecher mit
Wodka.
-
Taras,
ich kann das nicht trinken. Es ist spät und ich habe nichts gegessen und…ich
mag keinen Wodka.
-
Stimmt,
bei euch in Moldau trinkt man Wein. Dann nimm Fanta aus dem Kühlschrank und
misch es zusammen.
Der Kapitän und
die Mitarbeiter der Tankstelle setzen sich vor die Röhre. Die ukrainischen
Sender zeigen Bilder aus dem Krieg im Osten des Landes. „Diese Scheißrussen
wollen unsere Heimat zerstören“, sagt Taras und hebt seinen Becher hoch. „Es
lebe die Ukraine, es leben die Helden!“
-
Apropos,
Alisa. Welche Seite unterstützt du? Aber überleg es dir bevor du was sagst…
-
Ich
unterstütze keine Seite. Simon und ich sind nur zwei Beobachter. Es tut uns
sehr leid, dass Menschen auf beiden Seiten sterben und wir wollen nur Frieden.
Taras guckt in
die Augen.
-
Habt
ihr echt nur 300 Rubel in der Tasche?
-
Ja.
-
Es
ist schon 3 Uhr. In 2,5 Stunden fährt hier ein Bus nach Simferopol. Von da
könnt ihr nach Moskau fliegen. Ich rede mit dem Fahrer und ihr werdet nichts
zahlen. Eure Kreditkarten funktionieren online und so könnt ihr Flugtickets
kaufen.
-
Was
werden wir diese 2,5 Stunden tun? Können wir die Grenze nicht anders
überqueren?
-
Das
glaube ich nicht. Überall sind Mienen.
-
Das
wissen wir. Ein Kollege von dir…das war jedoch vor 3 Monaten, hat uns eine
Geschichte erzählt. Eine Kuh wusste nicht, dass die Felder mit Mienen
vollgestopft sind…das arme Tier ist spazieren gegangen.
-
An
welchem Grenzübergang wart ihr damals?
-
An
mehreren..das ist eine lange Geschichte.
Ein Mann tankt
sein Auto. Wir fragen ihn ob er uns zur russischen Grenze bringen kann.
-
Zu
diesen Faschisten?
-
Zu
wem?
-
Na,
zu den Russen. Ich nenne sie Faschisten! Es gibt keine Grenze. Die Krim ist
ukrainisch!
-
Ukrainisch?
Warum können wir dann dort raus und hier nicht?
-
Gut.
Steigt ein.
Der Mann verkauft
französische Bulldogen. Ein Welpe kostet zwischen 2000 und 5000 Euro.
-
Das
sind die besten im ganzen Land. Ich verkaufe sie an reiche Russen und Ukrainer.
Im Kofferraum
sitzen zwei Bulldogen und warten auf den nächsten reichen Kunden. Wir beide
können weder lachen noch weinen. Das Ganze kommt uns wie in einem schlechten
Film vor. „Moskali werden euch nicht durchlassen“, sagt der Mann und lässt uns
an der russischen Grenze raus.
Drei kräftige
Grenzpolizisten mit Kalaschnikows nähern sich.
-
Ach
ja…die Hochli (Schimpfwort für Ukrainer) haben euch nicht rein gelassen?
-
Richtig.
Sie sagten, ihr werdet uns auch nicht durchlassen.
-
Haha.
Diese Idioten können alles erzählen, was sie wollen. Wo wollt ihr hin?
-
Nach
Simferopol.
-
Passkontrolle
und der nächste Bus kommt in ca. 2 Stunden.
-
Ja,
das wissen wir. Vielleicht kann uns jemand mitnehmen? Es sind über 100 km und
hier ist es sehr kalt.
-
O.K.
Ich bitte jemanden von den Ankommenden, dass er euch zum Flughafen fährt.
Simon hatte ein Visum für eine zweimalige Einreise in die Russische Föderation.
Wäre es nur für eine einmalige Einreise gültig gewesen, wäre er im Niemandsland festgesessen.
Weder die Ukrainer noch die Russen hätten ihn einreisen lassen.
Ein paar Minuten später steigen wir in einen VW. Der Mann heißt Grigori und sagt, er fahre Richtung Simferopol.
Wäre es nur für eine einmalige Einreise gültig gewesen, wäre er im Niemandsland festgesessen.
Weder die Ukrainer noch die Russen hätten ihn einreisen lassen.
Ein paar Minuten später steigen wir in einen VW. Der Mann heißt Grigori und sagt, er fahre Richtung Simferopol.
-
Der
Typ an der Grenze erzählte, ihr dürft nicht in die Ukraine? Was wollt ihr da?
Bleibt auf der Krim: Sonne, Strand und…es ist endlich Russland!
Eine schlaflose Nacht am Flughafen, wo wir gegen 5 Uhr ankommen. Um 12
fliegen wir nach Moskau. Die Last Minute Tickets waren teurer als die ganze
Krim-Reise.
In Moskau stehen wir noch 6 Stunden im Stau und übernachten dort. Am
nächsten Tag fliegt ein Transaero Boeing nach Berlin.
Nun... das ist eine ganz schöne Scheiße! Schade wirlich... hätte mir mehr von euch gewüscht :(
AntwortenLöschenHoffe in Berlin geht es euch gut und ihr erholt euch erstmal von dem Stress!